Giulia Gwinn ist gerade einmal 25 Jahre alt, hat im Fußball aber doch schon mehr erlebt, als manch andere Fußballerin in ihrer gesamten Karriere. Im Alter von 16 Jahren debütierte sie für den SC Freiburg in der Frauen-Bundesliga, vier Jahre später wechselte sie zum FC Bayern.
Zwei Kreuzbandrisse hätten sie beinahe völlig aus der Bahn werfen können, machten die Außenverteidigerin aber nur noch widerstandsfähiger. In München ist sie längst ein Gesicht des Vereins, im DFB-Team ebenso. Mittlerweile führt sie die Nationalmannschaft sogar als Kapitänin aufs Feld, dazu kommen zahlreiche Titel.
Auf all das blickt Gwinn in ihrem Buch "Write your own story – Mein Weg vom Bolzplatz in die Weltspitze", das am 21. Mai erscheint. Schon vorab hat die "Bild" erste Auszüge veröffentlicht.
So blickt die Nationalspielerin wiederholt auf den schweren Umgang mit ihren Kreuzbandverletzungen zurück. Nach dem zweiten Riss im Jahr 2022 wurde sie von einem Anruf überrascht. "In dieser für mich wirklich schwierigen Phase erscheint eines Tages 'Anonym' auf dem Display meines Smartphones. 'Hallo?', frage ich. 'Hallo, Frau Gwinn, hier spricht Uli Hoeneß", erinnert sie sich.
Der Bayern-Macher habe ihr seine Genesungswünsche ausgesprochen. "Seine Worte berühren mich. Ich bin beeindruckt: Uli Hoeneß weiß genau um meine Verletzungshistorie. Er hat alles verfolgt, hat sich informiert", blickt sie emotional zurück. Hoeneß wusste also, dass es für die DFB-Spielerin der zweite Kreuzbandriss binnen kurzer Zeit war.
Der FCB-Patron habe Worte gefunden, die Gwinn nie vergessen werde. "'Wann immer Sie etwas brauchen – rufen Sie mich persönlich an. Ich meine damit wirklich mich direkt. Und nicht über irgendwelche Ecken. Ich helfe Ihnen sehr gern'", habe Hoeneß gesagt. "Dieser Anruf bedeutet mir viel."
Mit ihrer ersten Kreuzbandverletzung im Jahr 2020 verbindet Gwinn ebenfalls emotionale Erinnerungen. Während der Rehaphase habe sie ihre wahren Gefühle vor ihren Mannschaftskolleginnen versteckt. "Es fühlt sich manchmal an, als würde ich eine Maske tragen. Eine Maske, die eine positive Giuli zeigt, die aber meine echten Emotionen verbirgt", schreibt sie.
Diese Maske habe sie erst nach dem Training sowie den Besprechungen abgesetzt. "Sobald ich in mein Auto steige, ist die Maske unten. Und ich weine hemmungslos", gibt sich Gwinn ganz offen. "Keine Ahnung, wie viele Tränen der Fahrersitz meines Autos in dieser Zeit schluckt. Viele auf jeden Fall."
Eine zumindest im Rückblick belustigende Anekdote hält die Nationalspielerin ebenfalls parat. Nachdem sie das zweite Mal am Kreuzband operiert wurde, schaute ein unerwarteter Besucher vorbei.
"'Dort draußen ist ein Mann, der Sie sucht'", habe die Schwester in der Klinik gesagt. In Gwinns Ohren klang das erst einmal "etwas komisch".
Denn sie erwartete niemanden, Eltern und Freund waren bereits bei ihr. Wer also sollte das sein? "Ein Fan? Ein Stalker?", erinnert sich Gwinn an ihre eigenen Überlegungen. Als der Besucher eintritt, klärt sich die Situation direkt: Es ist Péter Gulácsi, Torhüter von RB Leipzig.
Der Schlussmann war seinerzeit als Patient ebenfalls in der Klinik, er hatte sich ebenfalls das Kreuzband gerissen. "Sogar am selben Tag", schreibt Gwinn. "Wir unterhalten uns viel und freunden uns an."